Exposee zum Manuskript der im März 2007 erschienenen Novelle „Am Holländerkopf“
(Arbeitstitel: Der Hinterweltler - Liebe vergeht, Hektar besteht)
Bei der Novelle „Am Holländerkopf”, die bis vor Kurzem „Der Hinterweltler“ hieß, wusste ich von Anfang an nur: Es sollte eine schizophrene Geschichte werden. Und vielleicht nicht unbedingt eine lustige. Weder für mich, die Schreiberin, noch für die Leser. Die Geschichte beginnt und endet mit dem Tod eines Menschen. Der Mann, um den es dabei geht, ist keine erfundene Gestalt. Diesen Menschen gab es wirklich. Er nahm sich vor einigen Jahren das Leben. Ihm soll kein Denkmal gesetzt werden, denn er war nicht mehr und nicht weniger, als wir alle: ein Mensch. Und das, was ich über sein Leben erzähle, ist nur so ähnlich passiert. Ich habe einigen Dingen nachrecherchiert, andere sind das Produkt meiner Phantasie.
Ein Suizid in nächster Nähe zwingt die Überlebenden zum Nachdenken. Alle wissen, dass der Tod zum Leben dazu gehört, und doch beschäftigt die Zurückgelassenen, wenn jemand seinem Leben selbst ein Ende setzt, allein die Frage nach dem Warum, die zugleich eine weitere Frage beinhaltet, nämlich die, ob man diese Tat nicht hätte verhindern können. Vielleicht habe ich deshalb mit dieser Geschichte begonnen, um am Ende eine Erklärung zu finden. Um herauszufinden, was einen Menschen dazu bringt sich umzubringen.
„Am Holländerkopf“ ist als doppelsichtige Geschichte angelegt: Auf der einen Seite die Außenwelt, die den Suizid entdeckt und damit weiterleben muss; auf der anderen Seite die Innenwelt des Ich-Erzählers, die Gedanken eines Mannes, der im Alter von 18 Jahren mit der Diagnose Schizophrenie konfrontiert wurde, und der unweigerlich auf sein selbstgewähltes Ende zusteuert, weil er keinen Zugang zur Außenwelt findet.
In der Kapitelabfolge reihen sich daher zwei in Zeitfolge, Sprache und Schriftart unterschiedliche Erzählstränge aneinander. Darin spiegeln sich Außen- und Innenwelt, Vergangenheit und Gegenwart.
Ort der Handlung ist der Hochwald im nördlichen Saarland, eine ländlich strukturierte Gegend, in der auch Hinterwäldler zuhause sind. Dennoch ist Am Holländerkopf keine Heimatgeschichte. Geschehnisse dieser Art können sich überall dort ereignen, wo Menschen leben und einer unter vielen sich in diesem Leben nicht mehr zurecht findet. Aus diesem Grund sind die Ortsnamen größtenteils geändert, die Personennamen und Charaktere alle erfunden.
Der Titel: Holländerkopf ist die Gewannbezeichnung eines Höhenzuges in der Gemarkungen Gehweiler.
Die Hauptfigur: Rainhold Holländer, Mitte Vierzig, gelernter Landwirt, seit 20 Jahren beschäftigt in einer Werkstatt eines Stahlunternehmens, seit seinem 18. Lebensjahr Patient der Psychiatrie.
Die Familie: Das Ehepaar Achim und Alice Alt, die Kinder Arnold (16) und Anna (8); sie sind die Freunde des Rainhold Holländer, denen er nach seinem Tod ein schwerwiegendes Erbe hinterlässt.
Nun liegt das Manuskript in Lektorenhand: Auf meine Idee, jedem Kapitel einen lyrischen Kurztext ans Ende zu stellen oder eventuell auch einige meiner besten Kochrezepte anzufügen, hat Roland Buhles vom Conte-Verlag erst vor Vertragsabschluss reagiert: "Ist das dein Ernst!?" hat er gefragt und war minutenlang hin und her gerissen ob der Aussicht auf schnelle Gerichte und gute Gedichte. Vielleicht also in einer späteren Auflage oder im nächsten Leben.